„Jetzt sitzet das ruhige Gefühl am Tisch der Götter“
Diese Zeilen stammen von dem griechischen Dichter Angelos Sikelianos, auf dessen Initiative hin das Delphische Fest, die Pythien der Antike, in den dreißiger Jahren wieder zum Leben erweckt wurde; hier in Delphi, dem Zentrum der Welt, sollte nach seinem Willen „der vergessene delphische Leitspruch in jede menschliche Seele eingepflanzt werden„. Zentrum der Welt galt Delphi den Griechen über Jahrhunderte hinweg. In der Sage heisst es, Zeus habe eines Tages zwei Adler aufsteigen lassen, den einen im Osten, den anderen im Westen. An der Stelle, wo sie sich trafen, ließen sie den Heiligen Stein zur Erde fallen, der fortan das Zentrum der Welt bezeichnete – den „Omphalos“, den Nabel der Welt. Und an eben dieser Stelle hat sich dann eine der bedeutendsten Orakelstätten des Altertums entwickelt, das Orakel von Delphi.
I. Delphi – Itea – Galaxidi – Eratini – Agios Nikolaos
Wenn man in Küstennähe bleiben will, dann ist eine Fahrt zu den malerischen Dörfern am Golf von Itea zu empfehlen. Die erste Station auf der Strasse hinunter zum Meer ist Chrisso (das antike Krisa), mit riesigen Platanen an rauschenden Bächen und einem herrlichen Blick auf die endlosen Olivenhaine von Amfissa. Itea, vielbesuchte Sommerfrische und Umschlaghafen, der seinen Namen von der Trauerweide (griech. itia) herleitet, liegt in der Nähe des Hafens von Kirrha, einer Siedlung aus frühgriechischer Zeit. Weiter geht es nach Galaxidi, das in einem kleinen Fjord liegt und über den Ruinen des antiken Oianthe erbaut wurde. Galaxidi, das sich einst auf dem Gebiet der Schiffahrt einen Namen gemacht hatte, ist heute ein wegen seiner hübschen alten Häuser und reizvollen Atmosphäre sehr beliebter Ferienort, sommers wie winters. Vorletzte Station ist Eratini (das antike Kolophona), ein malerisches Fischerdörfchen mit schönem Badestrand, ideal zum Baden und Ausruhen. Reste einer antiken Burganlage sind bei Marmara zu besichtigen. Der Hafen von Agios Nikolaos schliesslich ist der Endpunkt dieser Route. Wer weiter in den Süden Griechenlands fahren will, kann von hier zur Peloponnes übersetzen.
II. Delphi – Arachova – Parnass – Eptalofos (Agoriani) – Lilea – Gravia – Amfissa – Delphi Auf dieser Route kommen alle, die die Berge lieben, Bergsteiger wie Skifahrer auf ihre Kosten. Die Strasse führt von Delphi den Parnass hinauf zunächst nach Arachova, einer der wichtigsten Städte dieser Region, die den Historikern zufolge an derselben Stelle wie das vorhomerische Anemorrheia liegt. Ganz typisch für Arachova sind die schönen alten Natursteinhäuser und engen Pflastergassen, sowie die farbenprächtigen Web – und Wollstoffe (Hirtenteppiche, Umhängetaschen u.a.), die man neben anderer Volkskunst in den vielen Souvenirgeschäften erstehen kann. Bei einem Tavernenbesuch sollten Sie auch den herben Wein probieren, der hier angebaut wird. Von Arachova kann man durch Tannenwälder zu den zwei voll ausgerüsteten Wintersportzentren des Parnass hinauffahren (bei Kelaria und bei Fterolaka), die beide von der G.Z.F. geleitet werden. Der Parnass ist nicht nur für Ski-Urlauber sondern auch für Bergsteiger ein Paradies. Der Aufstieg zum Gipfel, für den man am besten die Sommermonate Juli-August wählen sollte, dauert einen Tag. An der Strasse zu den Wintersportzentren des Parnass, ca. 10 km von Arachova entfernt, liegt die Tropfsteinhöhle Koryktio Andro (heute Soroutavli genannt), die im Altertum, wie Pausanias berichtet, dem Hirtengott Pan und den Nymphen geweiht war. Wer gern wandert, nimmt den Weg, der von den Ausgrabungen in Delphi ausgeht und über die Bergketten des Parnass zur Höhle führt (in zweieinhalb Stunden). Der Gebirgsstrasse folgend erreichen wir Eptalofos ober Agoriani, ein wunderschönes Bergdorf, das auch wegen seiner Osterbräuche interessant ist. Nächste Station ist das Dorf Lilea an den Quellen des Kifissos. Heute noch zu sehen sind Reste der antiken Stadt, die nach Lilaia, Tochter des Kephissos, benannt worden war.
Nun verlassen wir den Parnass und fahren durch das Gionas-Gebirge bis Gravia, das im Freiheitskrieg von 1821 eine Rolle gespielt hat, und nach Amfissa, Hauptstadt der Präfektur Fokida, deren fränkische Festung immer noch sehr eindrucksvoll die Stadt überragt. In den ausserordentlich fruchtbaren Tälern ringsum werden vor allem Olivenbäume angebaut. Dieselbe Strasse bringt uns zurück nach Delphi.
III Delphi – Arachova – Distomo – Ossios Loukas – Distomo – Antikira – Desfina – Kirra – Itea – Delphi
Dieser Ausflug vermittelt uns einen Eindruck vom byzantinischen Griechenland und zugleich die Möglichkeit zur Erholung im Gebirge und am Meer.
Wieder nehmen wir die Strasse nach Arachova, biegen dann rechts ab nach Distomo, einem Landstädtchen mit bedeutenden archäologischen Funden, das im Freiheitskrieg oft umkämpft war und fahren dann die Abzweigung nach Ossios Loukas. Das Kloster Ossios Loukas liegt am Hang des Helikon und ist eines der berühmtesten Bauwerke aus byzantinischer Zeit. Die Hauptkirche ist ein überkuppelter Oktagonalbau, in dem heute ein Museum untergebracht ist. Eine kleinere Kirche, die Mariä Himmelfahrt geweiht ist, befindet sich an der Nordseite des Klosters. Sehenswert sind vor allem auch die Mosaiken aus dem 11 Jh., die Wandmalereien aus derselben Zeit und die Ikonen des berühmten kretischen Heiligenmalers Michail Damaskenos (16. Jh.). Auf dem Rückweg wieder über Distomo kann man hinunter an die Küste fahren, zuerst nach Aspra Spitia und dann nach Antikira, das im Altertum ein bedeutender Hafen war. Die Strasse führt weiter an den Hängen des Profitis llias entlang zum Bergstädtchen Desfina mit seinem typischen Lokalkolorit und den alten Sitten und Gebräuchen. Von hier oben führt die Strasse in Windungen hinunter zum Golf von Itea nach Kirra, einem Fischerdorf mit schönen Badestränden. Hier, an der Mündung des Pleistos, lag im Altertum die mykenische Gründung Kirra. Unsere Rundreise endet, nachdem wir uns noch Itea angesehen haben, dort wo sie angefangen hat: in Delphi.